Hans Christian Sommer / Karl-Heinz Gimbel:
"Elisabethkirchen weltweit", Bildband, Marburg 2008
Zur Entstehung des Bildbands
Ausgangspunkt der Sammlung von Fotos "Elisabethkirchen weltweit" war ein Wettbewerb, den der ehemalige Verkehrsdirektor von Marburg,
Hans-Christian Sommer, zum Jubiläum "25 Jahre Weihnachtsmarkt an der Elisabethkirche" ausgeschrieben hatte.
Der Zuspruch war ungemein groß: Mehr als 150 Fotos wurden eingeschickt und wurden anschließend in einer Ausstellung zusammen gefasst. Die Ausstellung der Bilder ging auf Reisen und wurde dann im Jahr 2008, im "Elisabeth-Jahr", an den Wirkungsstätten der Hl. Elisabeth in Eisenach und Marburg gezeigt.
Mit dem Ende des "Elisabeth-Jahrs" sollte die Ausstellung aufgelöst werden. Doch die umfangreiche Sammlung der Fotos sollte und musste in einem Bildband dokumentiert werden. Dazu waren textliche Erläuterungen notwendig. Karl-Heinz Gimbel fand sich bereit, zu den einzelnen Fotos Nachforschungen über die Kirchen anzustellen. Waren bisher nur die Fotos vorhanden, wurde mit den Geschichten um die einzelnen Kirchen ein Gesamtbildband geschaffen, der die langjährige Arbeit mit dem Sammeln der Fotos zu einem würdigen Abschluss brachte.
Textauszug aus dem Bildband
Nürnberg, St. Elisabethkirche, errichtet 1785, Architekt Wilhelm Ferdinand Lipper
Der 50 Meter hohe Kuppelbau am Jakobsplatz, ein klassizistischer Bau mit Statuen der zwölf Apostel, ragt über die ganze Stadt. Den Katholiken wurde 1785 beim Bau der Kirche verboten, einen Kirchturm zu errichten. Deshalb hat St. Elisabeth bis heute keine Glocke. Wegen ihrer Kuppel ist die Kirche bis heute mehr als alle Kirchtürme von Nürnberg Blickfang der Stadt.
Berlin, Elisabethkirche, Baujahr 1832-34
Bei der Namensgebung der Elisabethkirche spielte vermutlich auch die Person der preußischen Kronprinzessin Elisabeth, die bei der Einweihung 1835 zugegen war, eine Rolle. Namenspatronin ist aber offiziell die Heilige Elisabeth. Die von Karl Friedrich Schinkel als größte der damals vier Vorstadtkirchen in der Invalidenstraße konzipierte Kirche hatte Platz für 1200 Personen. Sie war aber kostensparend ohne Türme und aufwendige Fassade errichtet worden. Den klassizistische Saalbau, dessen Portikus von sechs dorischen Pfeilern getragen wird, trafen im März 1945 Phosphor-Brandbomben und hinterließen eine Ruine. Erst seit 1990 wird die Kirche allmählich saniert. Seit der Innenraum mit einem Dach geschlossen wurde, soll der Kirchenraum für Konzerte und Ausstellungen genutzt werden.
Eisenach, St. Elisabethkirche, Baujahr 1888
Bereits 1844 errichtete der Bischof von Fulda in Eisenach eine neue katholische Pfarrei, damals noch als Wagnis angesehen. Die schnell gewachsene Gemeinde ließ 1888 auf dem Gelände eines ehemaligen Kasernenhofes nach dem Vorbild der Elisabethkirche in Marburg eine St. Elisabethkirche im neugotischen Stil bauen mit einem 42 Meter hohen Turm. Ein Jahr vorher wurden die vier Glocken geweiht.
Dazu: In Eisenach gibt es einen zweiten Komplex einer Elisabethkirche. Dieser soll die älteste Elisabethkirche der Welt sein, ist jedoch heute Museum. Die Dominikaner- und Predigerkirche wurde 1240, fünf Jahre nach der Heiligsprechung, auf den Titel des hl. Johannes des Täufers und der hl. Elisabeth geweiht.
Gent (Belgien) Sint-Elisabethkerk, errichtet nach 1234, 1952 restauriert unter Architekt Roger von Driessche
1234 wurde mit dem Bau des Sint-Elisabeth-Begijnhofes in einem Sumpfland bei Gent begonnen. Die Beginen waren eine fromme Frauenbewegung im 13. Jahrhundert, verdienstvoll in der Krankenpflege. Den Bezug auf die Heilige Elisabeth hatten viele der gegründeten Beginenhöfe in Flandern. Die Kirche aus dem 13. Jhd. inmitten der Anlage wurde von Johannes von Constantinopel, Graf von Flandern, errichtet. 1372 lebten 1.200 Beginen im Genter Beginenhof. Die Kirche wurde von 1631-41 stark vergrößert und in eine Barockkirche umgebaut. Seit 1943 wurde der Beginenhof kaum noch benutzt und die St. Elisabethkirche des Beginenhofes durch königlichen Beschluss zum historischen Monument erklärt.
Grave/Brabant (Niederlande) Sint-Elisabethskerk, errichtet um 1240, vergrößert um 1325
Sophie (1224-1275), die Tochter Elisabeths, heiratete 1240 Herzog Hendrik II van Brabant und lebte bis zum Tod des Herzogs 1248 auf dem Schloss in Grave an der Maas. Dort ließ sie eine Kirche bauen, die sie ihrer Mutter weihen ließ. Sie ist die einzige allein auf Elisabeth von Thüringen geweihte Kirche der Niederlande. Die Sint-Elisabethskerk war im Mittelalter lange die größte Kreuzkirche des Landes. Brabant und Grave musste mehrere Belagerungen der Franzosen erleiden. Das Schloss wurde dabei völlig zerstört. 1514 brannte die Stadt, wohl ausgelöst in einer Bäckerei. Dabei brannte auch die Kirche vollständig nieder. Beim Wiederaufbau wurde die romanische Kirche durch einen großen, spätgotischen Bau ersetzt. Im 17. und 18. Jhd. wurde Grave mehrmals belagert und die Kirche wurde jeweils stark beschädigt. Kirchturm und Schiff, 1674 durch Kriegseinwirkung eingestürzt, blieben bis heute Ruine. Der Chor wurde nach der Reformation von den evangelischen Holländern 1680 renoviert und über zweihundert Jahre als Kirche genutzt. Seit 1800 ist die Kirche wieder katholisch. Die Kirche besitzt Reliquien der Hl. Elisabeth, welche eine Nichte der HI. Elisabeth, Julia von Nassau, im Jahr 1312 oder 1313 von Marburg nach Grave brachte. Julia von Nassau war Frau des Landesherren Jan I van Ceyk, Mitkämpfer auf Seiten der Vlaemen in der "Schlacht der goldenen Sporen" 1302. Die Echtheit der Reliquien ist am 7.12.1312 durch eine Urkunde, die noch heute in Grave erhalten ist, bestätigt. Im Inneren der heute noch beeindruckenden Kirche befinden sich zudem eine Vielzahl verschiedener Elisabethbilder und -statuen aus nachmittelalterlicher Zeit bis in das 20. Jahrhundert.
Breslau (Polen) Elisabethkirche, 1241-45 errichtet, 1981-95 restauriert
Das machtvollste Bauwerk der Stadt wurde als Hauptkirche von Breslau gebaut und nach einem Brand in den 70-er Jahren wieder hergerichtet. Im Inneren befindet sich eine berocke Elisabethkapelle, 1671 vom damaligen Fürstbischof Friedrich von Hessen Darmstadt gestiftet. Die Elisabethkirche in Breslau hat mit 91 Metern den höchsten Turm aller Elisabethkirchen. Bis 1529 hatte er eine Höhe von 130 Metern, wurde aber von einem Sturm zerstört. 1534/35 wurde die heutige Renaissancehaube des Turmes erstellt. Eine Tante von Elisabeth, Hedwig (später als HI. Hedwig Schutzheilige von Schlesien, gest. 1243), war vielleicht federführend bei der Namensgebung der Kirche in Breslau.
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